Bei der Frage, wie stark sich die nationalsozialistische Ideologie in den Jahren 1933 bis 1945 in der Sankt Petri Schule widergespiegelt hat, ist einer der wichtigsten Aspekte die politische Einstellung des Personals an der Schule. Die Schule ist die einzige deutsche Auslandsschule in einem von Deutschland während des 2.Weltkrieges besetzten Ländern, die nach dem Krieg von den Behörden des Gastlandes nicht geschlossen wurde, weil sie ihnen gegenüber während der gesamten Zeit immer loyal gewesen sei, so der dänische Unterrichtsminister, Hartvig Frisch, in einem Zeitungsinterview nach 1945:
„Wir hätten die Schule schließen können, aber das wäre schade gewesen, denn die Schule ist den ganzen Krieg hindurch loyal gegenüber Dänemark gewesen. Im Übrigen ist sie auch eine dänische Schule, die schon zur Zeit Frederiks II errichtet wurde.“ (z.n.: Johannes Jensen (Hrsg) und Jürgen Beyer, Sankt Petri Kopenhagen 1575 -2000, Kopenhagen 2000, S.157)
Loyal gegenüber den dänischen Behörden war insbesondere der Vorsitzende der Schulkommission der Sankt Petri Schule, der gleichzeitig der Hauptpastor der Sankt Petri Kirche war: Werner Görnandt. Er war nachweislich gegen die Verlegung der Sankt Petri Schule nach Emdrup in einen Neubau, der für eine nationalsozialistische Eliteschule geeignet gewesen wäre. Werner Görnandt war auch gegen die Einführung des Hitlergrußes an der Schule. Während der gesamten Besatzungszeit hat er sich offiziell und inoffiziell laufend mit den dänischen Behörden und dem königlichen Patron der Schule und Kirche abgesprochen, um die Umsetzung deutscher Anweisungen abzuwägen.
Wie viele Lehrer der Sankt Petri Schule waren Mitglied in der NSDAP?
Anhand der Mitgliederliste der NSDAP-AO im Kreis Kopenhagen, die Ole Brandenborg Jensen in „Landesgruppe Dänemark“ (S.375 – 418) veröffentlicht hat, konnten wir alle Sankt Petri Lehrer, die NSDAP-Mitglieder waren, identifizieren. Mithilfe der jährlichen Personallisten der Schule, die in den Jahresberichten veröffentlicht wurden, konnten wir den Anteil der NSDAP-Mitglieder an allen vollbeschäftigten Lehrern ermitteln.
Im Schuljahr 32/33 waren 23% der vollzeitbeschäftigten Lehrer der Schule Mitglieder der NSDAP. Mit einigen Schwankungen, die vermutlich auf die Rückkehr einzelner deutscher Lehrer nach Deutschland zurückzuführen sind, steigt der Anteil der NSDAP-Mitglieder bis zu den beiden Schuljahren 39/40 und 40/41 auf einen Höchststand von 56,3% an, um danach wieder abzufallen auf schließlich 36,4 % im Schuljahr 44/45. (Für bessere Sichtbarkeit auf das Bild drücken)
Mehr als die Hälfte der Lehrer waren also in den Jahren 39 bis 41 nationalsozialistisch eingestellt. Das bedeutet, dass vermutlich fast alle Sankt Petri Schüler in diesen drei Jahren Unterricht bei einem NSDAP-Mitglied hatte und durch die nationalsozialistische Ideologie (Rassenkunde, Antisemitismus, Führerprinzip, Lebensraumpolitik etc) beeinflusst wurde.
Die NSDAP-Lehrer Gustav Modis und Hans Wäsche
Die bekanntesten NSDAP-Lehrer an der Schule waren Gustav Modis und Hans Wäsche.
Modis (Organist in der Sankt Petri Kirche und Musiklehrer an der Schule), weil er das erste NSDAP-Mitglied unter den Lehrern war und im Auftrag der NSDAP-Auslandsorganisation in Dänemark spionieren sollte. Er war vom 01.04.1929 bis zum 31.12.1933 an der Schule und hat diese nur verlassen, weil die Schulkommission ihm wegen seiner politischen Einstellung gekündigt hat. Der Konflikt zwischen der Schulkommission und dem Lehrer Modis ist als „der Fall Modis“ in die Geschichte der Schule eingegangen und steht für die erfolgreiche Abwehr der Schule gegen nationalsozialistische Indoktrination schon bevor Adolf Hitler am 30.Januar in Deutschland die Macht übernommen hat.
Hans Wäsche ist ein bekannter Nationalsozialist, weil er von 1940 bis 1945 für den Sicherheitsdienst (SD) der SS in Dänemark gearbeitet und in dieser Funktion den dänischen Widerstand ausspioniert hat, wofür er 1949 vom Kopenhagener Stadtgericht zu 20 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt worden ist.
Die Schüler der Sankt Petri Schule waren ihm vom 31.08.1931 bis zum 30.06.1935 als Lehrer ausgesetzt, insbesondere unsere jüdischen Schülerinnen und Schüler werden vermutlich unter ihm gelitten haben.
Der Schulleiter Fritz Maywald
In der Zeit von 1933 bis 1945 gab es vier Schulleiter an der Sankt Petri Schule:
Herbert Leonhardt vom 01.08.1930 – 30.09.1934
Dr. phil. Fritz Maywald vom 01.10.1934 – 31.03.1944
Dr. Karl Gäde vom 01.04.1944 – 31.07.1945
Hauptpastor Werner Görnandt vom 01.08.1945 – 31.07.1960
Zwei von diesen vier Schulleitern waren NSDAP-Mitglieder: Karl Gäde und Fritz Maywald, wobei Maywald der bedeutendste Schulleiter in dieser Zeit war, weil er knapp 10 Jahre die Geschicke der Sankt Petri Schule geleitet hat.
Ehemalige Schüler über ihre Lehrer an Sankt Petri 1933 – 1945
Der Zeitzeuge John K. des Fontaines, der von 1936 – 1941 an der Schule war, schreibt am 13. Oktober 1997 in einem Brief an die Schule:
“Looking back at my school-days in Copenhagen, it was an interesting and formative time. It was a good school with excellent teachers. If I remember rightly, the most popular teachers were Dr. Praetorius, Mr Neumann (an avuncular figure teaching Natural History) and Mr. Timm, our English master, who was a German national, who married a Danish girl shortly after he arrived in Denmark. Dr. Friccius and Grössel were the least popular ones.
Der Zeitzeuge, Bent Hammeken, der von März 44 bis August 1945 Sankt Petri Schüler war, schreibt am 17.März 2018 in einem Brief an die Schule über seinen Werklehrer:
„Um Weihnachten 1944 hatten wir eine Werkunterrichtsstunde in dem Raum im Dachgeschoss. Wir sollten mit einem scharfen Messer eine Laterne mit künstlerischen Mustern ausschneiden. Dies aus einem sehr guten 3 mm dickem grauem Karton. Plötzlich, während ich stand und schnitt, kam der Werklehrer, der ein Däne mittleren Alters war, zu mir, zog kräftig an meinem Arm und behauptete, dass ich falsch schneiden würde, und führte mich hinaus auf den dunklen Treppenabsatz. Nachdem er die Tür zum Klassenraum geschlossen hatte, schlug er ohne Vorwarnung sehr kräftig gegen die Seite meines Kopfes, sodass der gegen die Wand schlug und ich bewusstlos auf den Treppenabsatz fiel. Ich wachte auf, während er mich schüttelte und versuchte, mich aufzurichten. Als ich wieder ein bisschen zu mir gekommen war, führte er mich wieder in den Klassenraum. Ich habe nicht mehr viel an meiner Laterne arbeiten können.“ (hier geht es zum kompletten Brief)
Die Zeitzeugin Illona Meinel, die vom 15.08.1940 bis zum 22.05.1945 Sankt Petri Schülerin war, sagt in einem Interview:
„Es war eine richtig gute Schule, und da war Disziplin. Wenn man einen Lehrer im Flur traf, verneigte man sich, und die Jungen verbeugten sich. Ich konnte kein Wort Deutsch, als ich startete, aber ich lernte es in einem Jahr. (…)
Als der Krieg zu Ende war, sagte meine Mutter, dass ich die Schule wechseln müsste. Sie hätte nicht die Nerven, mich an Sankt Petri fortsetzen zu lassen. Dann würden die Leute sagen: `Warum geht sie immer noch auf die deutsche Schule, obwohl die Deutschen raus sind?` Deswegen war ich sehr traurig – ich war glücklich auf meiner Schule.“ (N.B. D., S. 204 und S.324)
Fritz Maywald war von 1934 bis 1944 Schulleiter und Hans Wäsche war von 1931 bis 1935 Lehrer an der Sankt Petri Schule
Werner Görnandt und Peter de Vos waren Teil der Schulkommission auf Sankt Petri