Schüler, deren Eltern in
der NSDAP waren
Wenn man eine Antwort auf die Frage, welche Rolle die nationalsozialistische Ideologie an der Sankt Petri Schule in den Jahren von 1933 – 1945 gespielt hat, haben möchte, muss man u.a. erforschen, wie viele Schüler und Schülerinnen der Schule aus nationalsozialistischen Haushalten kamen, denn es ist davon auszugehen, dass viele dieser Kinder das rassistische und antisemitische Gedankengut von ihren Eltern übernommen haben und deshalb ihre jüdischen Klassenkameraden vielleicht gemobbt haben.
Dies kann man insbesondere von den Kindern bedeutender NSDAP-Mitglieder in Dänemark vermuten. So waren drei Kinder des deutschen Reichsbevollmächtigten in Dänemark, Werner Best, Schüler der Schule. Außerdem zwei Kinder des Landesgruppenleiters der NSDAP in Dänemark Julius Dalldorf, vier Kinder des deutschen Gesandten Cécil von Renthe-Fink und ein Kind von Paul Kanstein, der SS-Brigadeführer war.
Ole Brandenborg hat in seinem Buch „Landesgruppe Dänemark“ eine Liste mit Sankt Petri Eltern, die Mitglied in der NSDAP-AO waren, veröffentlicht. (s. S.375 ff) Anhand der Aufnahmeprotokollbücher der Sankt Petri Schule hat die Wettbewerbsgruppe alle Kinder dieser NSDAP-Mitglieder ermittelt. Klicken Sie hier um die gesamte Liste der Eltern, die Mitglieder der NSDAP waren, zu sehen.
Setzt man die Anzahl der Schüler aus NSDAP-Haushalten in ein Verhältnis zur Gesamtschülerschaft der Schule, so zeigt sich, dass ihr Anteil im Schuljahr 32/33 1,1% betrug und bis zum Schuljahr 42/43 kontinuierlich auf 14,3% angestiegen ist. Im Schuljahr 43/44 fällt ihr Anteil auf 13,2%.
Gleichzeitig nimmt der Anteil der jüdischen Schüler und Schülerinnen kontinuierlich ab, um im Schuljahr 40/41 schließlich bei 0% zu liegen. Bis zu diesem Jahr ist der Anteil der Schüler aus NS-Haushalten auf 10,3% angestiegen.
Wie hoch war der Anteil der Schüler und Schülerinnen aus NS-Haushalten an der deutschen Schülerschaft an Sankt Petri?
Der Anteil der Schüler aus NS-Haushalten an der deutschen Schülerschaft betrug im Schuljahr 36/37 (erst ab diesem Jahr liegen Daten über die Nationalität der Schüler vor) 22,7% und steigt bis zum Schuljahr 42/43 auf 33,7% an. In diesem Schuljahr kommen 41 von insgesamt 122 deutschen Schülern aus NS-Familien. Im Schuljahr 43/44 sinkt der Anteil auf 25,5%, aber die absolute Anzahl steigt von 41 auf 46 Schülern an. Der markante Anstieg an deutschen Schülern im Schuljahr 43/44 um 60 Schüler und Schülerinnen führt also zu einer Reduzierung des Schüleranteils aus NS-Haushalten.
Es stellt sich die Frage, aus welchen Gründen im Schuljahr 43/44 so viel mehr deutsche Schüler in der Schule angemeldet wurden. Kinder von deutschen Soldaten und Beamten, die nach Dänemark kamen, um nach dem Rücktritt der dänischen Regierung verstärkt das Land zu regieren und zu kontrollieren? Aber man sollte vermuten, dass die meisten von ihnen Mitglieder der NSDAP waren. Oder handelt es sich um Kinder von Deutschen, die schon viele Jahre in Dänemark lebten, ihre Kinder in dänischen Schulen angemeldet hatten und nun nach dem Ende der Zusammenarbeitspolitik und dem verstärkten dänischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer zur Sankt Petri Schule wechseln mussten, weil sie in ihren dänischen Schulen wegen ihrer Nationalität gemobbt wurden? Oder handelt es sich um Kinder von den ersten deutschen Flüchtlingen aus dem Osten?
Um diese Frage möglichst eindeutig beantworten zu können, müsste man die 60 im Schuljahr 43/44 neu angemeldeten deutschen Schüler und Schülerinnen einzeln untersuchen.